Landwirte fühlen Politikern kräftig auf den Zahn
Bundestagskandidaten stellen sich Fragen bei Podiumsdiskussion - Künast in Schusslinie
ou Landkreis/Stenum. Kräftig und sichtlich erleichtert durchgeatmet haben die Bundestagskandidaten Holger Ortel (SPD), Vera Dominke (CDU), Angelika Brunkhorst (FDP) und Jürgen Janssen (Bündnis 90/Grüne) am Ende einer Podiumsdiskussion zum Thema „Ideologie oder Fakten - was bestimmt die zukünftige Agrarpolitik?“, zu der die Kreislandvolkverbände (KLV) Wesermarsch und Oldenburg eingeladen hatten. Zuvor wurden sie knapp vier Stunden von rund 350 Landwirten im vollbesetzten Saal der Gaststätte Backenköhler in Stenum regelrecht durch die Mangel gedreht. Sie prüften das Wahlprogramm der Bewerber auf Herz und Nieren. Der Kandidat der PDS, Heinz-Jürgen Vogel, sagte derweil kurzfristig ab. „Als selbstständiger Journalist muss er einen anderen Termin wahrnehmen“, teilte Mitorganisator Kai Seeger, Vorsitzender des KLV Oldenburg, dem Publikum unkommentiert mit.
Die Bauern sagten deutlich, was sie bedrückt und ließen dabei kein gutes Haar an der Bundesregierung - „Grün und Rot ist des Bauern Tod“ prangte auf einem Transparent vor dem Eingang. Vor allem die Verbraucherschutzministerin Renate Künast (Grüne) stand im Kreuzfeuer der Kritik des Publikums. Dieser verschloss sich auch Ortel nicht, der vehement forderte, „bei der EU in Brüssel für die deutschen Bauern mobil zu machen“. „Deutschland braucht in Brüssel wieder eine ernst genommene Stimme“, sagte Dominke unisono. „Für Im- und Export müssen gleiche Standards gelten“, rief die CDU-Politikerin und erntete dafür Applaus.
Die oft hitzige Debatte, die Peter Cornelius, Vorsitzender des KLV Wesermarsch, streng unter dem Motto „knapp und konkret“ leitete, bot mannigfaltige Themenkomplexe. Neben den Problematiken des Artikelgesetzes, des Agrardiesels oder der EU-Osterweiterung, von denen sich die Landwirte benachteiligt fühlen, erregte vor allem der Umgang mit den Tierseuchen MKS und BSE, die Impfpolitik sowie der Nitrofen-Skandal, der „unter den Teppich gekehrt“ werde, die Gemüter.
Die Aussage Janssens, dass „die neuen Kontrollmechanismen der Bundesregierung gut greifen“, beantworteten die anwesenden Landwirte mit kopfschüttelndem Gelächter. Darüber hinaus forderte der Grünen-Kandidat ein strengeres Verbraucherinformationsgesetz.
Einen schweren Stand hatte indes Angelika Brunkhorst. Sie blieb bei den heiklen Agrarthemen zumeist sehr vage, was ihr den Zwischenruf „Da besteht aber noch eine Menge Informationsbedarf“ einbrachte.

Oldenburger Kreiszeitung, 06. September 2002
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