Einig über Ziele, uneins über Wege
Bundestagskandidaten präsentieren Standpunkte
Die Arbeitslosigkeit muss bekämpft und gesenkt werden, der Mittelstand verdient unbedingt Förderung. Darüber waren sich alle Diskussionsteilnehmer einig. Zu anderen Themen, beispielsweise Energiepolitik und Wehrpflicht, vertraten sie aber gegensätzliche Meinungen.
Holger Ortel (SPD), Vera Dominke (CDU), Angelika Brunkhorst (FDP) und Jürgen Janssen (Grüne) möchten nach dem 22. September den Wahlkreis im Bundestag vertreten. Bis auf Jürgen Janssen haben auch alle gute Chancen, das zu schaffen. Auf Einladung der Kreiszeitung Wesermarsch traten die Kandidatinnen und Kandidaten für die Bundestagswahl zu eine Podiumsdiskussion an. Dabei sollten die unterschiedlichen Standpunkte der Einzelnen und ihrer Parteien deutlich werden.
Vera Dominke verhehlte nicht, dass sie nicht immer ganz auf Parteilinie liegt, zum Beispiel beim Thema Windkraft. Sie möchte in ihrer Partei gemeinsam mit anderen niedersächsischen Vertretern deutlich machen, wie wichtig diese regenerative Energiequelle für Deutschland und vor allem die Region ist. Mit dieser Idee stieß sie bei Holger Ortel und Jürgen Janssen nicht auf Widerspruch, auch wenn die beiden Mitglieder der Regierungsparteien auf die zögerliche Haltung der Union insgesamt zur regenerativen Energie hinwiesen.
Anders sah es aus bei der Einschätzung der wirtschaftlichen Lage. Während Holger Ortel und Jürgen Janssen betonten, wie sehr die Region seit dem Regierungswechsel hin zu rot-grün vor vier Jahren profitiert habe, sah Vera Dominke das Land wirtschaftlich am Boden liegen. Dabei wurden die vorliegenden Daten unterschiedlich interpretiert. Während etwa Holger Ortel betonte, wie viel während der jetzt endenden Legislaturperiode bereits von einer schlechten Ausgangsbasis aus erreicht worden sei, sahen die Vertreterinnen der Oppositionsparteien die Konzepte der Regierung als erfolglos an. Jürgen Janssen erinnerte an Steuerentlastungen für den Mittelstand und den Plan, den Eingangssteuersatz auf 15 Prozent zu senken. Holger Ortel betonte, die Lohnnebenkosten seien gesenkt worden.
Vera Dominke kündigte an, die CDU wolle den Mittelstand stärken, damit er Arbeitsplätze schaffen könne. Dazu sollten der Spitzensteuersatz für den Mittelstand, die Staatsquote und die Sozialabgaben jeweils unter 40 Prozent gesenkt werden. Angelika Brunkhorst plädierte für das Programm ihrer Partei, das eine durchgreifende Steuerreform vorsehe. In kleinen Betrieben müsse es die Möglichkeit geben, Arbeitsverträge freier zu gestalten und das Kündigungsschutzgesetz nicht für Betriebe mit bis zu 20 Mitarbeitern gelten zu lassen.
Auch das Thema Gewerkschaften beschäftigte das Publikum und die Mitglieder der Diskussionsrunde. Vera Dominke sagte, dass ihre Partei die Idee, dass bei Betrieben unter 20 Personen Betriebsräte eingeführt werden müssten, nicht unterstütze. Das sei ein Einstellungshemmnis für kleine Betriebe, die befürchteten, auf diese Art und Weise den Gewerkschaften Einzug zu gewähren. Die CDU wolle nicht den Kündigungschutz zurückführen, sondern für ältere Arbeitslose bei Einstellung die Möglichkeit schaffen, auf Kündigungsschutz zu verzichten. Den Gewerkschaften warf sie vor, Wahlwerbung für die SPD zu betreiben. Holger Ortel betonte dagegen, wie wichtig in Betrieben funktionierende Betriebsräte seien und wies - wie auch Jürgen Janssen - auf seine Gewerkschaftsmitgliedschaft hin. Beide sahen keinen Grund, in Sachen Mitbestimmung Änderungen anzustreben. Angelika Brunkhorst vertrat die Ansicht, dass die Gewerkschaften vor allem Vertreter derjenigen seien, die Arbeit hätten, nicht aber derjenigen, die arbeitslos seien.
Starke Unterschiede zeigten sich in der Energiepolitik. Vera Dominke vertrat wie ihre Partei die Position, der Ausstieg aus der Atomenergie müsse rückgängig gemacht werden und sah sich darin mit Angelika Brunkhorst einig. Holger Ortel und Jürgen Janssen wollten von einem Ausstieg aus dem Atomausstieg nichts wissen. Holger Ortel zeigte sich als Verfechter der Offshore-Windenergie, um Atomkraftwerke zu ersetzen.
Eine andere Allianz zeigte sich in Sachen Wehrpflicht. Während Vera Dominke und Holger Ortel an ihr festhalten möchten, vertraten der grüne Kandidat und die liberale Bewerberin mit ihren Parteien die Ansicht, die Streitkräfte in eine Berufsarmee umzuwandeln.  er

Jürgen Janssen
Jürgen Janssen: Kritisch solidarisch mit Gewerkschaften.
Kreiszeitung Wesermarsch, 10. September 2002
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