Rodenkirchen.
Zum ersten Male nach über zwei Jahrzehnten hat sich der Finanzausschuss
der Gemeinde Stadland mit einem Jahreshaushalt beschäftigen müssen,
der nicht ausgeglichen ist. Bei den Einnahmen und Ausgaben im Verwaltungshaushalt
klafft eine Lücke von 536 000 Euro.
Bei
den mehrstündigen Beratungen waren sich die Parteien zwar einig, dass
gespart werden müsse, über das Wie waren sie allerdings unterschiedlicher
Ansicht. Aus diesem Grunde lehnte die SPD-Oppositionsfraktion auch das
von der CDU-FDP-Grünen-Gruppe vorgestellte Zahlenmaterial ab.
Der
CDU-Fraktionsvorsitzende Günter Busch hob in der Debatte hervor, es
habe zwar in der Vergangenheit immer wieder Warnungen gegeben, dass auch
in Stadland das Geld weniger werden wird, aber dass der größte
Steuerzahler seine Zahlungen von jährlich rund 5 Millionen Euro gleich
auf 0 herunterfahren könne, habe niemand erwartet. Deshalb stehe Stadland
jetzt vor einem Scherbenhaufen, denn eine Kommune könne nicht so schnell
auf die neue Situation reagieren, zumal in den vergangenen Jahren mit den
Steuergeldern Investitionen getätigt worden seien, die Jahr für
Jahr Folgekosten verursachen würden.
Die
neue Mehrheit von CDU, FDP und Grünen habe deshalb gleich nach der
gewonnenen Kommunalwahl im vergangenen September die Probleme angefasst
und ein Konsolidierungskonzept erarbeitet, durch das 500 000 Euro eingespart
werden. Das allerdings könne nur ein Anfang sein. Die Gemeinde müsse
weiter sparen und gleichzeitig ihre Einnahmen erhöhen. Denn immerhin
wisse Stadland noch nicht, ob rund 10,3 Millionen Mark Gewerbesteuer zurückbezahlt
werden müsse.
Zur
Erläuterung: Der größte Gewerbesteuerzahler der Gemeinde
hatte das Geld 1999 überwiesen. Grund dafür war ein Bundesgesetz,
das die rot-grüne Regierung auf den Weg gebracht hatte. Kernkraftwerksbetreiber
müssen finanzielle Rücklagen für den Bau eines Endlagers
bilden. Diese waren bisher steuerfrei. Das hat die rot-grüne Bundesregierung
im Zusammenhang mit ihren Plänen, aus der Atomkraft auszusteigen,
geändert. Doch die Bestimmungen dieses so genannten Steuerentlastungsgesetzes
werden Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen sein. Und genau das
ist dann für die Gemeinde Stadland auch der Knackpunkt: Sollten die
Klagen vor Gericht erfolgreich sein, muss die Kommune diesen Betrag wieder
zurückzahlen.
So
lange diese Summe nicht im Haushalt zur Verfügung stehe, so Günter
Busch, sei nichts anderes möglich. Dazu gehöre auch der Neubau
einer Turnhalle in Schwei. Der Christdemokrat stellte in diesem Zusammenhang
fest: „Die allerwenigsten Bolzen kommen von uns.“ Der Haushalt sei vielmehr
eine Vergangenheitsbewältigung der früheren SPD-Mehrheit. Gleichzeitig
forderte er aber auch eine andere finanzielle Umverteilung der Mittel zwischen
Bund, Land und Kommune.
Das
sah der SPD-Fraktionsvorsitzende Günter Hespos ebenso. Er hob hervor,
an den meisten Entscheidungen in der Vergangenheit sei auch die CDU-Opposition
beteiligt gewesen. Aus diesem Grunde seien gegenseitige Vorwürfe nicht
gerechtfertigt. Die finanzielle Situation der Gemeinde Stadland sei weder
von SPD noch CDU oder anderen örtlichen Ratsmitgliedern verursacht
worden, sondern von außen in die Kommune gebracht worden. Günter
Hespos forderte die Mehrheit allerdings zu einem ausgewogenen Weg des Sparens
auf.
Statt
sofort das Konsolidierungskonzept durchzusetzen, wäre es besser gewesen,
einen Stufenplan zu entwickeln, damit sich der Bürger der Gemeinde
auf die Veränderungen einstellen können. Die Einsparungen bei
den Reinigungskräften seien bei den Betroffenen „wie eine Bombe“ eingeschlagen,
zumal die Mehrheit vorher nicht mit den Betroffenen gesprochen habe. Allein
schon aus diesem Grunde herrsche eine sehr miese Stimmung unter den Bediensteten
der Gemeinde.
Im
Haushalt, so der Sozialdemokrat, seien keine Signale vorhanden, die in
die Zukunft weisen würden. Für seine Fraktion beantragte er unter
anderem, 110 000 Euro für die Anschaffung eines Baggers und weiterer
Geräte für den Bauhof, 200 000 Euro für die Sanierung der
Großsporthalle Rodenkirchen und 550 000 Mark für die Reparatur
landwirtschaftlicher Wege zu streichen. Diese Anträge wurden allerdings
von CDU, FDP und Grünen abgelehnt.
Bürgermeister
Boris Schierhold hob hervor, die Gemeinde stehe vor einem schwierigen Weg.
Diesen müsse die Bevölkerung zusammen mit dem Gemeinderat gehen.
Denn Stadland müsse die Finanzen jetzt in Ordnung bringen, dürfe
also nicht warten, bis es zu spät sei.
„Wir
klagen auf einem immer noch hohem Niveau“, betonte Grünen-Ratsherr
Jürgen Janssen. Denn Stadland biete auch jetzt noch freiwillige
Leistungen, von denen beispielsweise die Einwohner von Jade und Ovelgönne
nur träumen könnten. Teile des Gemeinderates, der Verwaltung
und der Bevölkerung hätten immer noch nicht registriert, dass
Stadland sparen müsse, bedauerte Jürgen Janssen und fuhr
fort: „Personal und freiwillige Leistungen können nicht mit Schulden
finanziert werden.“
Kreiszeitung
Wesermarsch, 20. April 2002
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