Kleinensiel.
So besonnen sich die Demonstranten der Aktion Z gaben, so präsentierten
sich auch die Einsatzkräfte der Polizei und des Bundesgrenzschutzes:
Fast störungsfrei rollte am gestrigen Mittwoch ein Transport mit abgebrannten
Brennelementen aus dem Kernkraftwerk Unterweser (KKU) durch Deutschland
in Richtung Wiederaufarbeitungsanlage Sellafield.
Um
4.13 Uhr verließ der Zug mit den zwei Castorbehältern, in dem
sich zwölf abgebrannte Brennelemente befanden, fast völlig unbeobachtet
das Gelände des Kernkraftwerkes. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich die
Mitglieder der Aktion Z längst zur Nachtruhe begeben.
Sie
hatten sich am Dienstag um 22 Uhr am Feuerwehrhaus Rodenkirchen getroffen
und waren dann mit einem Transparent zum Bahnübergang gegangen. Zu
diesem Zeitpunkt waren Einsatzkräfte der Polizei und des Bundesgrenzschutzes
bereits mit zahlreichen Fahrzeugen im Ort unterwegs, um nach Verdächtigem
zu suchen. Auch das Bahngleis am Kernkraftwerk war bereits durch Polizeikräfte
gesichert, ebenso die über die Strecke führenden Zuwegungen zu
den Ländereien zwischen Kernkraftwerk und Hartwarden.
Als
die Mitglieder der Aktion Z sich eine Stunde später entschlossen,
in verschiedenen Gruppen Spaziergänge entlang der Bahnstrecke zwischen
Ortsmitte und Absen zu unternehmen, blieb die Situation ruhig. Die Einsatzkräfte
beschränkten sich auf das Beobachten. Derweil kritisierte Jürgen
Janssen, Pressesprecher der Aktion Z, den „atomaren Mülltourismus“.
Für den Luxus, den sich eine Generation leiste, hätten viele
weitere die Folgen zu tragen. Er warf der e.on als Betreiberin des Kernkraftwerkes
vor, sich an der radioaktiven Verseuchung in der Gegend um die Wiederaufarbeitungsanlage
im britischen Sellafield zu beteiligen. Die Bevölkerung sei einer
erhöhten Strahlenbelastung ausgeliefert, die Leukämierate bei
Kindern sei viel höher als in anderen Gegenden. Messungen hätten
gezeigt, dass das Gefieder von Tauben so hoch belastet sei, dass es in
Deutschland als hochradioaktiver Atommüll klassifiziert werden müsste.
Um
Mitternacht machten sich die Mitglieder der Aktion Z zum Kernkraftwerk
auf und postierten sich am gesicherten Bahntor. Ganz im Gegensatz zum Transport
Ende Oktober waren zwischen den Demonstranten und den Polizisten keine
Spannungen zu spüren. Dieses Mal gingen die Beamten unvoreingenommen
mit den Mitgliedern der Aktion Z um. Sie diskutierten miteinander über
die Atomtechnik.
Gegen
1 Uhr, inzwischen hatte Regen eingesetzt, verabschiedeten sich die Demonstranten.
Auf dem Weg zu ihren Fahrzeugen mussten sie sich einer Ausweiskontrolle
unterziehen. Drei jugendliche Greenpeace-Sympathisanten wurde ein Platzverweis
ausgesprochen. „Ohne erkennbaren Grund“, bemerkte dazu die Sprecherin des
Kreisverbandes von Bündnis 90/Die Grünen, Elke Kuik-Janssen,
verärgert. In Rodenkirchen angekommen, rollten die Demonstranten das
Transparent ein und verabschiedeten sich nach Hause.
Um
2.30 Uhr traf der aus drei Diesellokomotiven und zwei Personenwaggons bestehende
Zug am Kraftwerk ein und kuppelte die atomare Fracht hinter dem Zaun an.
Um 4.13 Uhr verließ der Transport das Kraftwerk. Im Kleinensieler
Bahnhof begegnete er den ersten, aus Nordenham kommenden Personenzug, und
fuhr anschließend hinterher.
Zwischen
Elsfleth und Berne kam der Zug allerdings zum Stehen. Zumeist Schülerinnen
und Schüler hatten das Gleis besetzt. Die Polizei erteilte mehrere
Platzverweise und nahm vier Personen wegen Verstößen gegen die
erteilten Auflagen vorübergehend in Gewahrsam. Des weiteren wurden
Personalien festgestellt. Nach 15 Minuten konnte der Zug seine Fahrt fortsetzen.
Um
5.50 Uhr passierte der Transport den Oldenburger Hauptbahnhof und traf
eine Stunde später in Leer ein, wo es Proteste von 20 Atomkraftgegnern
gab. Gegen 8 Uhr befand sich der Zug in Lingen und passierte kurz darauf
die Landesgrenze nach Nordrhein-Westfalen. Gegen 19 Uhr erreichte der Transport
Saarbrücken und überquerte anschließend die Grenze nach
Frankreich.
Knapp
200 Polizeibeamte aus Weser-Ems und weitere Kräfte des Bundesgrenzschutzes
waren nach Angaben der Bezirksregierung in Oldenburg im Einsatz.
ums
Kreiszeitung
Wesermarsch, 21. Februar 2002
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