Gewalt an Schulen wird zu einem Thema
Fachausschuss des Kreistags will auch Situation in Schulbussen erörtern
Das Thema „Gewalt an Schulen“ soll im Schulausschuss des Kreistages im Landkreis Wesermarsch intensiver behandelt werden. Das Ergebnis einer Umfrage, die während der jüngsten Sitzung des Gremiums erörtert wurde, soll als Einstieg in die Diskussion dienen. In diesem Zusammenhang will der Ausschuss sich auch mit der Situation in Schulbussen beschäftigen.
Angesichts der Angaben von 17 Schulleitern der 28 Schulen, die sich in der Trägerschaft des Landkreises befinden, sah Jürgen Gabbert (CDU) keinen Handlungsbedarf. „Wir haben im Landkreis eine Situation, mit der es sich leben lässt“, meinte der Ausschussvorsitzende – selbst Lehrer am Gymnasium in Brake.
Diese Ansicht teilte Heino Hasselder (SPD) nicht. Der Leiter der Orientierungsstufe in Elsfleth widersprach Jürgen Gabbert, der das Ergebnis als „repräsentative Abfrage“ bezeichnet hatte. Heino Hasselder attestierte dem Papier einen geringen Aussagewert. Er warf die Frage auf, aus welchen Gründen 40 Prozent der Schulleiter nicht geantwortet hätten. Seiner Ansicht nach sei die Fragestellung nicht sachgemäß und der Thematik unangemessen.
Nach Worten von Heino Hasselder lasse die Reihenfolge der zehn Fragen (zunächst Schülerzahl sowie Ausländer- und Übersiedleranteil) bereits eine Tendenz erkennen. Er suche andere Formen, um über die Problematik zu sprechen. „Kein Schulleiter wird offen sagen, bei „uns existiert eine hohe Gewaltbereitschaft“, betonte er.
Neben Angaben zur Schülerzahl und zum Ausländeranteil waren die Schulleiter auch gebeten, sich zur Anzahl der Sachbeschädigungen sowie zur Gewaltbereitschaft zwischen Jungen, Mädchen oder Jungen und Mädchen zu äußern. Die Mehrzahl der Rektoren hatte an ihren Schulen eine geringe Gewaltbereitschaft oder keine Ereignisse dieser Art zwischen Jungen und Mädchen festgestellt. Einige Schulleiter hatten diesen Komplex nicht beantwortet.
Mit Dieter Knutz (Haupt- und Realschule Elsfleth) bestätigte der Vertreter der Lehrerschaft, das es soziale Konflikte an Schulen gebe. Er sieht in dieser Entwicklung allerdings ein gesellschaftliches Problem. Die Frage der Konfliktbewältigung werde mit steigender Tendenz eine Aufgabe der Lehrer, argumentierte Dieter Knutz.
Jürgen Janssen (Grüne) betonte, dass es Gewalt an Schulen gebe. Das Thema, das durch einen Vorfall im Schulzentrum in Rodenkirchen, bei dem ein Lehrer nach einem Angriff durch zwei Schüler auf Grund seiner schweren Verletzungen mehrere Wochen dienstunfähig war, aktuell wurde, sei im Rat der Gemeinde Stadland intensiv diskutiert worden, sagte der Pädagoge, der an der Hauptschule in Rodenkirchen unterrichtet. Jürgen Janssen vermisst bei der Diskussion allerdings die Frage nach Gewalt in Schulbussen. Die Busse seien „ein rechtsfreier Raum ohne jede Kontrolle“, sagte er.
Als Vertreterin des Kreiselternrates ging Birgit Bethge auf die Frage ein, wie Gewalt ausgelegt wird. Sie sagte, psychische Gewalt werde mit dem Begriff in keiner Weise erfasst. Sie verwies auf eine Studie des niedersächsischen Landeselternrates zu dem Thema, die im Verlaufe der nächsten Wochen vorgestellt werden soll.
Die „unerträgliche Situation“ in Schulbussen sprach Peter Beyer (SPD) an. Zu diesem Punkt vermisste der Lehrer an der Grundschule in Burhave Aussagen der Verwaltung. Schulamtsleiter Dietmar Denda sagte, die Verwaltung habe lediglich die Aufgabe bekommen, eine Umfrage zu organisieren. Mit Blick auf die Lage in den Schulbussen gibt es seinen Worten zufolge eine Vielzahl von Aktivitäten, um die Lage zu entschärfen.
Einig waren sich die Ausschussmitglieder, dass die Umfrage eine erste Momentaufnahme und als ernsthafter Versuch zu werten sei, in das Thema einzusteigen. In die Diskussion sollen mit Kreiseltern- und Kreisschülerrat sowie Lehrern alle beteiligten Kräfte eingebunden werden. Heino Hasselder geht davon aus, dass die Problematik auch während der nächsten Schulleiterkonferenz auf die Tagesordnung kommt und mit den Vertretern der Verwaltung erörtert wird.
Zur Kenntnis genommen hat der Ausschuss die Resolution, die der Rat der Gemeinde Stadland nach dem Vorfall im Schulzentrum in Rodenkirchen verabschiedet hatte. Das Kommunalparlament hatte dazu aufgerufen, Gewalt in jeder Form zu ächten und gewaltloser Auseinandersetzung den Vorzug zu geben. Außerdem hatte die Gemeinde den Landkreis gebeten, im Rahmen seiner Zuständigkeit entsprechende Maßnahmen einzuleiten, um Gewalt an Schulen zu verhindern.

Kreiszeitung Wesermarsch, 30. August 2002
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