Von
unserem Redakteur
Bernd
Lehmann
Harpstedt.
Nicht so streng wie beim Wort-Duell von Kanzler und Kandidat sollte es
nach dem Wunsch von Cord Remke zugehen. Doch Regeln verkündete auch
er: Je zehn Minuten für Statements der Bewerber, und nach dem Sammeln
von Fragen aus dem Publikum entsprechende Antworten-Runden.
Die
fielen vor allen die beiden Damen unter den Kandidaten schwer, wenn es
ins Detail ging. Auch Nachblättern im Parteiprogramm half oft nicht
weiter. Deutlich schwanden aber auch die anfangs beschworenen Gemeinsamkeiten
in puncto Förderung alternativer Energie.
Eingeladen
hatte die Harpstedter Energie-Agentur in die Wasserburg, und die Kandidaten
erschienen bis auf den der PDS, die stattdessen einen Fraktions-Referenten
aus Berlin schickte. Am Podium: Angelika Brunkhorst, FDP, Vera Dominke,
CDU, Holger Ortel, SPD und seit vier Jahren Abgeordneter, Jürgen
Janssen aus Rodenkirchen und Energie-Referent Götz Renger für
Heinz-Jürgen Vogel. Annähernd 50 Besucher waren erschienen, darunter
zahlreiche Ratspolitiker aus der Samtgemeinde und Landwirte, die selbst
mit Windenergie, Biogas oder Holz-Heizungen umgehen. So ging es streckenweise
recht fachbezogen zu – doch das hob die Veranstaltung angenehm von den
Parolen-Schaukämpfen der Talk-Shows im Fernsehen ab.
Fünf
Fragen hatte Cord Remke von der Energie-Agentur den Kandidaten zugesandt,
eine sechste fügte Uwe Cordes bei der Begrüßung hinzu:
wie es denn die Parteien mit dem Ausbau und der Begradigung der Elbe halten
wollten. Die Antworten dazu blieben allerdings eher vage.
Nachdem
Remke allen Kandidaten den Einzug in den alternativ geheizten Reichstag
gewünscht hatte, eröffnete Angelika Brunkhorst den Reigen mit
Allgemeinplätzen: Die „ökonomische, ökologische und soziale
Akzeptanz“ sei Bedingung für Alternativ-Energie. Sie müsse sich
im freien Wettbewerb behaupten. Die Förderung des Energie-Einspeisungsgesetzes
müsse „degressiv zurückgehen“. Der heutige FDP-Abgeordnete Walter
Hirche hatte das, wie der Grüne Jürgen Janssen aus einer Pressemitteilung
vom 10. Juli zitierte, anders gesagt: „Die FDP will auf erneuerbare Energiequellen
verzichten und setzt auf fossile Energie sowie Atomkraft.“ Angelika Brunkhorst
mochte es nicht glauben. Vera Dominke hält es für nicht strittig,
dass der CO2-Zuwachs von Menschen verursacht ist. Es sei aber falsch, dass
Rot-Grün „aus ideologischen Gründen“ Energien ausschließe.
Kernenergie gehöre zu einem „vernünftigen Energiemix“. Sie räumte
ein, dass einige in der CDU das Einspeisungsgesetz kippen wollen. Einem
internen CDU-Papier zufolge hätte das aber „verheerende Folgen“.
Die
Rot-Grünen hatten es leichter, deutlich zu werden. Jürgen
Janssen: 120000 zukunftssichere Arbeitsplätze habe die Alternativ-Energie
als „Jobmaschine“ gebracht. Bei Windkraft sei Deutschland Export-Weltmeister.
Der Umbau des Energiesystems sei „überfällig“, nicht zuletzt
mit Blick auf Länder wie China und das Waldsterben. Ebenso wie Janssen
betonte Holger Ortel, die Opposition habe die zahlreichen Programme und
Gesetze durchgängig abgelehnt. CDU und FDP seien „Klimakiller“. Es
war das härteste Wort des Abends.
Ortel
stellte sich als Mitglied im Bundesverband Windenergie und „Lobbyist“ der
erneuerbaren Energien vor und verbreitete Optimismus: Das Ziel, bis 2010
den Anteil regenerativer Energie von jetzt 7,5 auf zwölf Prozent zu
bringen, werde erreicht. 50 Prozent seien bis 2050 möglich, unter
anderem mit Hilfe von Off-shore-Windmühlen weit vor Borkum. Beim Ärger
über die 12000 Windspargel dürften 180000 Hochspannungsmasten
nicht übersehen werden, und Atomkraft habe auch den Nachteil, mit
Kühlwasser die Umwelt zu heizen. Würden die Stand-by-Schaltungen
von Geräten abgeschafft, könnten 2000 Megawatt gespart werden,
also mehr als das Kernkraftwerk Esenshamm (1300 Megawatt). Der Umbau sei
dringend: „Es gibt nur noch für 40 Jahre Öl.“ Windenergie bringe
Gewerbesteuer, während das KKW Esenshamm keinen Pfennig zahle.
Der
Referent der PDS, Götz Renger, selbst aus Gorleben, ist in puncto
Atomkraft mit Rot-Grün unzufrieden: Die Ausstiegsvereinbarung enthalte
eine neu eingeführte „Verstromungsgarantie“ für die Restlaufzeit.
Schlimm sei der Zustand der Kraftwerke: Es gebe „entsetzliche Schlampereien“.
Bei
der Diskussion war dann vor allem Ortel gefragt: Kritik an Schwierigkeiten
mit der Bürokratie bei Förderungsanträgen oder Biogasanlagen
waren die Themen, die das Publikum interessierten. Am Ende nach gut drei
Stunden hatte KarlHeinz Rohlfs, angehender Windenergie-Betreiber, einen
guten Rat für CDU und FDP: Sie sollten keine neuen Atomkraftwerke
zulassen.
Delmenhorster
Kurier, 30. August 2002
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